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Erinnern - Erkennen - Handeln - und Angst setzt die Grenzen.

Transgenerationale Erbschaft

 

Die Trauma-Expertin Prof. Luise Reddemann, Fachärztin für Psychiatrie und Psychoanalytikerin, stellt im nachfolgenden Text wichtige Erkenntnisse über Zusammenhänge von Erleben und Umgang mit transgenerationalen Traumata im Hinblick auf den 2. WK und die NS-Zeit zur Verfügung.

http://www.luise-reddemann.de/home/

 

Der Text bezieht sich auf die Veröffentlichungen der am Ende benannten Literatur. Dieser soll dazu beitragen, die Folgen von schwerwiegenden Gewalterfahrungen zu verstehen, die so massiv und komplex waren, dass sie nicht verarbeitet werden konnten. Um überleben zu können, mussten sie verdrängt und/oder abgespaltet werden. Das können Verfolgung aus der NS-Zeit und/oder jegliche Kriegserlebnisse sein, u.a.  auch sexualisierte Gewalterfahrungen. Diese können im hohen Alter wieder in Erscheinung treten, wenn die schützende Blockade nachlässt, wie Martina Böhmer, Altenpflegerin und Fachbuchautorin, in ihren Erfahrungen in der Altenpflege festgehalten hat.

http://www.martinaboehmer.de/     


Sie können auch unbemerkt an die nächste Generation weitergegeben werden und dort wieder in Erscheinung treten.

Dr. Katharina Drexler, Fachärztin für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, hat dazu einen eigenständigen erfolgreichen Behandlungsansatz entwickelt und zum Thema der „Transgenerational weitergegebenen Traumata und ihre Behandlung“ zwei Bücher veröffentlicht. Sie gibt damit einen allgemein verständlichen Überblick. https://www.katharina-drexler.de/


Transgenerationale Traumata und problematische Erinnerungskultur am Beispiel Reinhold Beckmann

Reinhold Beckmann gibt mit seinem Lied Vier Brüder (2021) einen Einblick in die transgenerationale Weitergabe von Kriegstraumata. 

Inhaltlich geht es um die vier Brüder seiner Mutter, die als Soldaten im Zweiten Weltkrieg fielen. Der Song besingt das Leid seiner Mutter – ein Leid, das in der Familie weiterwirkt und zu ihrem zentralen Narrativ geworden ist.

Damit berührt Beckmann einen wunden Punkt der deutschen Nachkriegsgesellschaft: Viele Menschen, deren Familien in die Tätergesellschaft eingebunden waren, durften ihre ganz persönlichen Schmerzen über Verlust und Angst nicht benennen. Das individuelle Leid des „Tätervolks“ durfte keinen Raum haben. 

Die Folge war ein Mangel an Trauerarbeit, an Auseinandersetzung mit Schuldgefühlen – und damit auch ein Mangel an Verantwortung. 

Viele deutsche Familien sind in einem Opfernarrativ steckengeblieben, ohne die Täterrolle ihrer Angehörigen anzuerkennen.

So blieb der notwendige Prozess von Versöhnung aus – sowohl innerhalb der Familien als auch nach außen in die Gesellschaft.

Beckmann trennt im Song persönliche Betroffenheit von politischer Verantwortung. 

Diese Trennung ist in der individuellen Traumabewältigung zunächst hilfreich. Doch für eine gesellschaftliche Versöhnung müssen beide Seiten der historischen Realität zusammen angeschaut werden. 

Im öffentlichen Raum birgt diese Trennung große Risiken: Sie kann rechtspopulistische Bestrebungen stärken, die auf Verdrängung und Geschichtsrevision abzielen.

Dies zeigt sich bereits 2019, als Beckmann gegen Alexander Gauland (AfD) wegen dessen Äußerung klagt, die NS-Zeit sei „nur ein Vogelschiss der Geschichte“. 

Beckmann argumentiert im Namen seiner Mutter, deren vier Brüder „sinnlos verheizt als Kanonenfutter“ gestorben seien. Doch schon dieser Begriff verdeckt die Täterrolle: Den Ermordeten war es egal, ob ihr Mörder freiwillig oder gezwungen tötete.

Beckmann verklagt Gauland aber nicht wegen Geschichtsrelativierung, sondern nach §189 StGB (Verunglimpfung Verstorbener) und unterstreicht damit diese Verschiebung. 

Außerdem wird Gauland das nicht gerecht, immerhin hat er die deutschen Wehrmachtssoldaten auf dem Kyffhäuser Treffen 2017 gelobt: … „haben wir das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen“!  

Die Klage wird abgewiesen. Vielleicht auch, weil ihre Folgen juristisch und gesellschaftlich unüberschaubar gewesen wären.

Beckmann nimmt als Nachfahre der Tätergesellschaft eine Opferperspektive ein. Das wirkt offenbar entlastend und trifft auf Resonanz – seine Veranstaltungen sind gut besucht, besonders von Menschen, die verunsichert sind oder wenig historisches Wissen haben. 

Doch hier läuft Erinnerungskultur in eine fatale Richtung: Täter und Opfer werden vermischt, Angriff und Verteidigung verschwimmen. Die moralische Orientierung wird grau – eine typische Reaktion der Tätergesellschaft und ihrer Nachfahren, um Verantwortung zu verschleiern.


Am 14.12.2021 singt Beckmann seinen Song im Bundestag zur zentralen Gedenkstunde am Volkstrauertag – ohne ein Wort des Bedauerns für die Opfer seiner Onkel.
In den Jahren danach beginnt er, die tatsächlichen Hintergründe ihrer Kriegsteilnahme zu recherchieren – und stößt dabei auf Widersprüche in der Erzählung seiner Mutter. Es sind die üblichen Beschönigungen, die im Nachkriegsdeutschland entstanden, um Schmerz erträglicher zu machen und die Angehörigen im Opferstatus zu halten.

  

In dem folgenden Buch von 2023 beginnt er sich mit dem Vernichtungswahn der Nazis im Osten und der Beteiligung der Wehrmacht daran auseinanderzusetzen. Empathie für die tatsächlichen Opfer bleibt jedoch weiterhin erschwert: Sie bleiben namenlos, unsichtbar, unbetrauert. Den Tätern hingegen wird, sobald sie „gefallen“ sind, öffentlich gedacht – etwa in Form von Kriegerdenkmälern. So vermutlich auch für die vier Brüder seiner Mutter im Heimatort der Familie. Als Opfer eines Krieges geehrt werden, den sie selbst mitgeführt haben. 

  

  Was verantwortliche Erinnerungskultur leisten muss

Eine reflektierte, verantwortungsvolle Erinnerungskultur muss drei Dinge anerkennen:

  1. Die persönliche Tragik der eigenen Familie
  2. Die historische Wahrheit über ihre Rolle im verbrecherischen Angriffskrieg
  3. Die Auswirkungen auf die Opfer ihres Handelns


Sich von falscher Loyalität und verdrängenden Familienerzählungen zu lösen, ohne die familiäre Verbundenheit zu verleugnen, ist ein emanzipativer und selbstermächtigender Akt.

Traumabearbeitung dient nicht nur dem Individuum, sondern wirkt präventiv für die Zukunft – auf die Familie, das soziale Umfeld und die Gesellschaft.

Deshalb gibt es m.E. nicht nur eine Verantwortung der Tätergesellschaft zur Aufarbeitung, sondern auch eine Verantwortung der Opfer: zu heilen, gesund zu werden und sich für menschenwürdige Bedingungen einzusetzen, die solche Gewalt verhindern.


Luise Reddemann:

 

Was verstehen wir unter dem Begriff Transgenerationale Weitergabe? 

Dabei handelt es sich um die Weitergabe von Erfahrungen aus der einen an die nächste Generation, wenn „bestimmte Erinnerungen und (v. a. auch unbewusste) Erfahrungsbestände ... sowie bestimmte Ideologien, Einstellungen, Werte und Normen oder ein bestimmter Habitus als Element einer Mentalität, einer Handlungsproblematik, einer Denk- und Lebensweise von einer Generation zur nächsten einem ‚Erbe‘ gleich ‚übertragen‘ werden“ (Völter, 2008, S. 101). Der Terminus „Generation“ beinhaltet dabei sowohl die Generationenfolge einer Familie als auch von Angehörigen einer Altersgruppe, die aufgrund „derselben historisch-aktuellen Problematik“ (Leonhard, 2002, S. 544) ähnliche Verarbeitungs- und Reaktionsmechanismen, Orientierungs- und Verhaltensmuster aufweisen.

Dass sich die Folgeerscheinungen bis weit in die Nachkommen derer fortgesetzt haben, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden, ist seit langem bekannt und unbestritten. In den nun folgenden Überlegungen wird der Begriff der Generationenfolgen jedoch auch für die Angehörigen der deutschen Mehrheitsgesellschaft und deren Nachkommen verwandt.

                                                                                                                                                                  Es geht um eine offene Spurensuche. 

Inzwischen wird die private, oft stark abgeschottete Familiengeschichte als eine persönlich wichtige und zugleich politische wahrgenommen. Es ist wünschenswert und wäre sinnvoll, dass das Private und das historisch- gesellschaftliche zusammengebracht werden. Leider habe ich den Eindruck, dass vor allem jüngere Menschen viel zu wenig Geschichtskenntnisse haben, um Betroffenen verständnisvoll-kritisch beizustehen und halte es für wichtig, dass diese Kenntnisse erworben werden. 

Mehrheitlich spielen bei vielen jüngeren Angehörigen von NS-Tätern und -Mitläufern Dynamiken von Schuld, Scham, Verleugnung und Aufrechterhaltung ehemaliger Ideologien, als Erklärungs- und Rechtfertigungsmuster eine Rolle jetzt bereits bis in die 3. Folgegeneration.


Eine weitere inzwischen als wichtig erachtete Dimension sind erlittene Kriegs- und Fluchterfahrungen, die ja die Folge des Vernichtungskriegs und Genozids waren (Beutel et al., 2007; Heuft et al., 2007; Kossert,2009; Radebold et al., 2008), und vor allem damalige Kinder schwer geschädigt haben. Diese – kurz vor oder kurz nach 1945 geborene Generation befindet sich – in unseren Ländern - derzeit im fortgeschrittenen Rentenalter. Teilweise besteht jetzt erst der Wunsch, unbeantwortete Fragen und Leerstellen, quälende Gedanken und Erinnerungen aufzuarbeiten, dieser Wunsch wird aber vom psychosozialen Versorgungssystem bisher nicht adäquat beantwortet.

Der weitaus größte Teil der deutschen Mehrheitsgesellschaft war an den Verbrechen des Nationalsozialismus, „der als ‚Zustimmungsdiktatur‘ eine ‚soziale Praxis‘ darstellte, in vielfältiger Weise beteiligt“ (Bajohr, 2001, S. 195). Die Mehrheit in Deutschland verschwieg nach Ende der NS-Zeit, was sie selbst getan oder eben nicht getan hat, und das, was sie „befürwortet, zugelassen oder auch ohne Einflussmöglichkeiten und doch dem Kollektiv der Verfolger zugehörig geduldet“ hatten (Müller-Hohagen, 1988/2005, S. 16). So konnten Trauer, Wut, Scham und Schuld zwischen den Generationen kaum bearbeitet werden. Es wurde jedoch Vieles weitergegeben, teilweise bewusst, mehr noch unbewusst.

Töchter und Söhne der ‚NS-Generation’ in Deutschland konfrontierten (beginnend in den 60er Jahren) ihre Eltern mit deren Rolle und Funktion im Nationalsozialismus und prangerten deren Mitschuld am Holocaust an. Zum ersten Mal kamen Fragen nach individueller Schuld in den Fokus. In Österreich fand das kaum statt. 

Allmählich gelang es ab den 90er Jahren in Deutschland den Blick auf Opfer- wie TäterInnennachkommen zugleich zu richten.

Manche über 75-jährge kommen vielleicht erst jetzt in einen inneren Kontakt mit dem Einfluss der NS-Zeit und ihren (Kriegs- und Nachkriegs-)Kindheiten und mit den dort herrschenden menschenverachtenden Einstellungen in vielen Formen, die mit den historischen Ereignissen aufs engste verwoben sind. 

Wünschenswert scheint mir, dass Menschen sich selbst, ihre Familiengeschichte und, ob es uns gefällt oder nicht, eben auch die kollektive Geschichte anschauen. Nicht im Sinn von richtig finden, aber im Sinn von ja, so war es. Nur so können m.E. Kräfte frei werden, die Mut, Gerechtigkeitssinn und Engagement stärken. 

Heute wird im Übrigen im Umgang mit Erinnerungskulturen eher hervorgehoben, dass es darum gehen solle, das Leiden der verschiedenen Seiten anzuerkennen, zuzuhören, gemeinsam, wenn möglich, zu trauern und die verschiedenen Erfahrungen ebenfalls anzuerkennen und gegebenenfalls zu ertragen, und dass ein gemeinsamer Nenner schwer oder vielleicht nicht zu finden ist. 

In jüngerer Zeit wird vor allem in einer akribischen Forschung von Sven Fuchs aufgezeigt, wie Gewalterfahrungen in der Kindheit zu gewalttätigem Handeln im Erwachsenenleben führen können. So heißt sein Buch: „Kindheit ist politisch“. Jahrzehnte vor Fuchs hat das bereits Arno Gruen als Psychoanalytiker genau beschrieben. Hier wäre z.B. sein Buch „Der Verlust des Mitgefühls“ zu nennen, in dem er beschreibt, wie Gewalterfahrungen in der Kindheit sich prägend auswirken und zu Gewalt geprägtem Handeln führen können.


Die Schamthematik beschäftigt viele der Generation der so genannten Kriegskinder nach wie vor, obwohl nun alle 75 Jahre und älter sind. 

Dass auch noch die Kinder und sogar Enkel der Kriegskinder von den Themen betroffen sind, stellt sich immer deutlicher heraus. Es ist daher wichtig, achtsam und mitfühlend zu sein und Wachsamkeit zu entwickeln gegenüber jeglicher Art von Herzlosigkeit, Gleichgültigkeit und Gefühlskälte.

Wer jemals mit Opfern häuslicher sowie sexualisierter Gewalt gearbeitet hat, wird bestätigen, dass es oft kaum möglich ist, die Täter, also meist Eltern oder PartnerInnen, kritisch zu betrachten, man nennt das auch Täter-oder Elternloyalität. Wenn andere sich z.B. über die Eltern kritisch äußern, werden diese von den Kindern, obschon diese Kinder Opfer waren und erwachsen sind, verteidigt. Nach meiner Kenntnis ist dieser Punkt in der Diskussion und Reflexion über die Kinder der NS-Täter nicht genügend beachtet worden. In jeder Arbeit mit Täterkindern sollte dies mit bedacht werden. 

Wir können heute wissen, dass viele der jungen Leute, die den zweiten Weltkrieg begrüßten, von den Vorfahren Vieles übernommen haben, z.B. Kränkungen und daraus resultierende Rachebedürfnisse und vor allem eine Identifikation mit Gewalt geprägtem Handeln. Rächer zu sein wird nicht als leidvoll erlebt. In einer tieferen Dimension darf man aber auch dort Ängste vermuten. Übernommen wird häufig auch die zuvor selbst erlebte Gewalt.

 

Wie werden Schatten der Vergangenheit an nächste Generationen weitergegeben? 

Es scheint zwei Wege zu geben: Der eine durch Erzählen, der andere Weg ohne Worte geht über das Erspüren von Emotionen: Vater und Mutter sind ängstlich, gestresst. Das Kind spürt das, ja es ist, als seien es seine Emotionen, weil ein kleines Kind besonders stark fühlt was wichtige Bezugspersonen fühlen. So können ängstliche Grundspannungen erhalten bleiben. 

Stärkeres Erinnern im Alter vor allem an frühe Lebensjahre wird heute als ein normaler, vielleicht für die psychische Reifung sogar notwendiger Vorgang erachtet. 

Wichtig ist, dass in den letzten Jahren Vieles aktualisiert wird, weil in den Medien viel mehr als in früheren Jahren über NS-Zeit und Krieg berichtet wird, und weil durch die Flüchtlinge aus aktuellen Kriegsgebieten das Thema Krieg in ganz anderer Weise näher rückt als früher. Nicht zuletzt leider auch, weil ein Neonazi zu sein inzwischen zunehmend als schicklich zu gelten scheint.


Gefragt werden kann was ist notwendig, was wird  im öffentlichen Diskurs- benötigt?

„Das Wirtschaftswunder half, die Wunden zu verbergen, an denen alle litten, die den Krieg erlebt hatten.“ Sagt der Psychoanalytiker Michal Ermann, Jahrgang 1943. 

M.E. ist es höchste Zeit, dass die Kriegskindergeneration aus Verantwortung für die jüngeren Generationen sich ihrem Trauerprozess stellt und dabei, wenn nötig unterstützt wird. 

Eine weitere Verantwortung besteht darin, anzuerkennen, dass die Eltern trotz oder auch wegen ihrer Täterschaft mehrheitlich traumatisiert waren. 

Die Herausforderung besteht m.E. darin zu ertragen, dass es um beides geht, um das Täter und Opfersein der Eltern und Großelterngeneration, und dass man Leid nicht aufrechnen kann. Man kann es nur beweinen und man kann die beweinen, die gelitten haben.

Wichtig ist auch, dass die Generation der Kriegskinder ihre Sicherheitsbedürfnisse nicht zum Maßstab aller Dinge macht, sondern sich daran freuen sollte, dass Jüngere mehr vertrauen, als sie das je konnte. Heldentaten sind nicht mehr von uns gefordert und der Held, der alles erträgt, ist passe.

Somit geht es auch um freundlichere Vorbilder im Umgang mit sich selbst.

 

Zum Schluss eine Einladung:

Denken Sie daran, wenn Sie Menschen, die in den Jahren zwischen 1930-1948 geboren wurden, begegnen, dass diese Menschen als Kinder traumatisiert worden sein könnten. Es könnte sein, dass Vieles, was diese Menschen jetzt als Symptomatik zeigen, seine Wurzeln im Krieg hat. 

Man kann fragen, wo Menschen geboren wurden, wo sie während des Krieges waren, wo sie nach 1945 gelebt haben, und wo die Eltern und Großeltern waren. Man sollte nach Bomben, Angst, Hunger, Kälte und Vertreibung fragen. All das kam viel häufiger vor, als wir lange dachten.

Nicht alles lässt sich damit erklären, aber viel mehr als bisher zur Kenntnis genommen wurde. Viele der Kriegskinder wie auch später Traumatisierte leiden seit jeher an Symptomen, sie wurden nur nicht ernst genommen aufgrund verinnerlichter Tapferkeit.

Es gibt viele so genannte "Second Generation Phänomene" als Folge von Kriegs -und anderen Traumatisierungen der Vorfahren. Ein großes Kapitel, das in Deutschland inzwischen eine gewisse Aufmerksamkeit errungen hat – nicht zuletzt durch Monika Hausers Engagement- sind die Belastungen der vergewaltigten Frauen und deren Nachkommen. Nach dem Krieg herrschte hier eisiges Schweigen.


Mit herzlichen Grüßen, Ihre Luise Reddemann.



Literatur zu dem Thema: 

A: Luise Reddemann, „Kriegskinder und Kriegsenkel in der Psychotherapie“, Klett-Cotta 2015.


B: Luise Reddemann/Silke Birgitta Gahleitner, „Transgenerationelle Weitergabe und späte Folgen von Trauma – eine vernachlässigte Dimension in der Psychotherapie“, Psychotherapie Forum Volume 21, Issue 4, Dez.2016. :

Dass die Folgen des Holocaust für Angehörige der jüdischen Kultur und Religion sich bis weit in die Nachkommen fortgesetzt haben, wird nicht bezweifelt. In dem Artikel wird der Begriff der Generationenfolgen jedoch auch für die Angehörigen der deutschen und österreichischen Mehrheitsgesellschaft verwandt. Eine Gleichsetzung zwischen Opfer- und TäterInnenseite ist damit jedoch in keiner Weise impliziert, vielmehr geht es um eine offene Spurensuche. Unter Einbezug eines umfassenden Forschungsprojekts und einer langjährigen Recherche zu Nachkommen nach dem Holocaust und Nationalsozialismus ist der Artikel dem Anliegen gewidmet, ein besseres Verständnis für Spätfolgen und transgenerationale Phänomene traumatischer Belastungen zu ermöglichen und psychotherapeutisch vermitteln zu können.


Martina Böhmer, Karin Griese, „Ich fühle mich zum ersten Mal lebendig … Traumasensible Unterstützung für alte Frauen“,  Paula e.V., Mabuse-Verlag, 2016 


Katharina Drexler, "Ererbte Wunden erkennen. Wie Traumata der Eltern und Großeltern unser Leben prägen", Klett-Cotta 2020.  "Ererbte Wunden heilen. Therapie der transgenerationalen Traumatisierung", Klett-Cotta, 2017.


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